(BGH, Urt. v. 2. Oktober 2025, Az.: III ZR 173/24)
Nach dem ersten großen Coaching-Urteil des BGH im Juni 2025 legt dieser nun mit einem neuen grundlegenden Urteil nach:
Worum ging es?
Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Vertrag über einen sogenannten „E-Commerce Master Club“. Der Kurs der Beklagten beinhaltete im Wesentlichen einen lebenslangen und unbegrenzten Zugang zu einem Mitgliederbereich mit einer Vielzahl von Videos, welche im Rahmen von Modulen organisiert waren. Die einzelnen Video-Module betrafen jeweils einzelne Themenbereiche von „Der Einstieg in das E-Commerce Business“ zu „Facebook/Instagram Kampagnen aufsetzen“. Zudem beinhaltete der Kurs einen 12-monatigen Zugang zu einem „VIP-E-Mail-Support“ sowie drei wöchentlich stattfindenden und themenbasierten „Coaching-Calls“. Über eine Zulassung nach dem FernUSG verfügte die Beklagte für Ihren Kurs nicht.
Der Kläger verlangte nun die Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages aufgrund eines Verstoßes gegen das FernUSG. Die Beklagte verlangte widerklagend die Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung in Höhe von knapp 7.000 EUR.
Was hat das Gericht entschieden?
Das Berufungsgericht gab dem Kläger Recht – richtigerweise, so der BGH:
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei nichtig – es fehle die notwendige FernUSG-Zulassung!
Nach Ansicht des BGH handle es sich bei dem von der Beklagten angebotenen „E-Commerce Master Club“ um zulassungspflichtigen Fernunterricht:
1. Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten (+)
Es erfolge im Rahmen des Kurses zunächst ohne weiteres eine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten:
Der BGH geht davon aus, dass bereits die Video-Module unfraglich allein der Vermittlung von Wissen dienen. Doch auch die drei wöchentlichen Live-Calls seien als Wissensvermittlung zu qualifizieren.
Als wesentliche Argumente hierfür führte der BGH an:
- Die Calls seien von vornherein „themenbasiert“ aufgestellt, sodass bei jedem Call ein bestimmtes Thema zur Vermittlung von Wissen in diesem Bereich abgehandelt werde. Die Fragerunde am Ende eines jeden Calls habe lediglich abschließenden Charakter.
- Irrelevant sei, ob in den Calls ein konkreter Anwendungsfall behandelt oder lediglich abstraktes Wissen vermittelt werde. Beides diene letztlich auf die ein oder andere Weise der Wissensvermittlung.
- Ebenfalls irrelevant sei die konkrete Aufbereitung des Wissens. Zwar spräche eine systematische und didaktische Aufbereitung von Wissen grundsätzlich für eine Einstufung als Fernunterricht. Allerdings solle das FenUSG Teilnehmende gerade vor solchen Kursen schützen, die allgemeinen didaktischen Standards nicht gerecht werden.
2. Überwiegende räumliche Trennung (+)
Auch eine überwiegende räumliche Trennung sah der BGH in dem vorliegenden Fall:
Der Schwerpunkt des Kurses liege bereits zeitlich klar in dem lebenslangen Zugriff auf die Video-Module. Die – im Gegensatz hierzu nur 12 Monate nach Vertragsschluss – angebotenen Live-Calls bilden nach Ansicht des Gerichts im Verhältnis hierzu einen geringeren Anteil. Die Live-Calls seien daher eher als „optionale Hilfestellung“ zu begreifen.
Die hart umstrittene Frage, ob eine räumliche Trennung insgesamt auch bei Live-Calls gegeben ist, ließ der BGH erneut offen.
3. Überwachung des Lernerfolges (+)
Auch das Erfordernis der Lernerfolgsüberwachung sah der BGH als gegeben an. Auch die Erfüllung dieses Kriteriums begründete das Gericht gleich mit mehreren Umständen:
- Fest vorgesehenes „Q&A“ am Ende jedes Live-Calls zu den jeweils behandelten Themen.
- VIP-E-Mail-Support.
- Exklusive Facebook-Gruppe mit Rückfragemöglichkeit.
Als besonders relevant erachtete der BGH jedoch den Umstand, dass die Beklagte den Teilnehmenden zusicherte, so lange gecoacht zu werden, bis ein bestimmter Gewinn erzielt werde. Hierbei sei klar erkennbar, dass den Teilnehmenden die Möglichkeit gegeben werden sollte, so lange nachzufragen, bis die gelernten Inhalte sicher sitzen.
Was bedeutet das für Online-Coaches?
Das aktuelle BGH-Urteil zeigt erneut die anhaltende Relevanz des Themas „Coaching und FernUSG“ auf. Immer mehr Coaching oder Online-Kurs-Anbieter sehen sich Rückforderungen ihrer Kunden ausgesetzt. Es ist vor diesem Hintergrund auch weiterhin dringend zu empfehlen, das Thema FernUSG ernst zu nehmen und passende Lösungen zu finden.
Wenn Sie wissen möchten, warum das Urteil nicht nur für Coaches relevant ist, lesen Sie hier unseren weiteren Beitrag zum Thema.
Wenn auch Sie prüfen möchten, ob Ihr Online-Angebot der Zulassungspflicht nach dem FernUSG unterfällt, stehen wir Ihnen mit rechtlicher Expertise zur Seite.
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